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Es werden Posts vom April, 2017 angezeigt.

Von der anderen Liebe

"Es geht nicht um mich.", sagt er, "Es geht um dich. Es geht immer nur um dich." Seine Arme legen sich um mich, fangen mich auf, er vergräbt flüsternd die Nase in meinem Haar. "Es geht um dich. Es geht um dich. Es geht um dich.", flüstert er und jedes einzelne Wort fühlt sich an, als würde es tief in mich hineinfallen und mich von innen auftauen. Ich glaube, es ging noch nie in meinem Leben um mich. Natürlich tut es das auch jetzt nicht. (Weil es um ihn geht. Ist doch klar.) Aber es tut mir so gut, dass da jemand ist, der mich sieht. Der ohne eine einzige Forderung zu stellen, da ist, mich lieb hat und annimmt, ohne mich ändern zu wollen. Der einfach dankbar nimmt, was ich zu geben habe, ohne mir im Anschluss den Arm auszureißen und mich zu mehr zu drängen als ich geben will. Jemand, der so ein großes Herz hat, so warmherzig, gütig und voller Liebe ist. Ja, vielleicht ist das alles nur eine Momentaufnahme. Vielleicht wird morgen schon alles ganz anders sei

Vom letzten Mal

Obwohl ich generell kein Problem damit habe, mich deutlich auszudrücken, ist "Muschi" so ein Wort, das ich ungerne ausspreche. Vermutlich ist das einer recht konservativen Erziehung geschuldet. Er weiß, dass es Wörter gibt, mit denen ich mich unwohl fühle und die in mir das Gefühl auslösen, schmutzig zu sein. Während seine Zunge über meine Schamlippen fährt, spreize ich diese mit den Fingern und hebe mein Becken an, um ihm den Zugang zu erleichtern. Seine Zunge ist ganz weich. Mir entfährt ein wohliges, leises Stöhnen. Ich will mehr. Und er weiß es. Ohne Vorwarnung dringt er mit seinen Fingern tief in mich ein. Am tiefsten Punkt hält er inne. Ohne hinzusehen, weiß ich, dass er lächelt. "Wo habe ich meine Finger, Muschelmädchen?", fragt er. Ich will mich ihm entgegendrücken, aber er geht meine Bewegung mit, verharrt in unveränderter Position. "Sag es mir.", fordert er mich sanft auf, "Sonst höre ich auf." Sein Tonfall ist bestimmt und provokant, e

Von mir

31 Jahre alt. Skorpion. Grüne Augen. Wobei manche behaupten, sie wären blau. Komische schräge Nase. Familie, in der Nase und Ohren mit dem Alter wachsen. Am Ende des Lebens bestehen sie alle nur noch aus Nase und Ohren. Und Bauch. Ein sogenanntes alles-oben-Mädchen (G-Cup). Ziemlich feinfühlig und sensibel. Früher klassischer Enneagramm Typ 6, heute Ennegramm Typ 2 mit starker Tendenz zu Typ 5. Chronische Angst vor Psychotherapeuten. Nachdenklich. Probiert alles aus (Motocross, Paragliding, Reiten, Ballett, Klavierspielen, Improvisationstheater, Klettern, Stockkampf, ...). Ständig von der Angst begleitet, nicht "gut" genug oder nicht "ausreichend" genug zu sein. Katzenliebhaberin. Heimliche Sammelleidenschaft für besondere Gartenzwerge. Würde gerne irgendetwas richtig können, kann aber vieles und alles nur ein bisschen. Bücherverliebt. Hat sich mal ein paar schallende Ohrfeigen eingefangen, weil sie eine Menge Geld auf der Straße verschenkt hat ("Die Menschen

Von Tagebuchsachen

Der Mann im Baumarkt hat "50 shades of Grey" (btw: Schlechtestes Buch der Welt) gelesen. Oder zumindest den Kinofilm gesehen. Denn sein Blick, als ich ihn frage, wo ich Kabelbinder finde, ist einfach nur Gold wert: Ihm rutscht nicht nur alles aus dem Gesicht, sondern er wechselt auch gleich zweimal die Gesichtsfarbe, während er mich von Kopf bis Fuß mustert. Die Situation ist einfach nur köstlich und bringt mich dazu, leise in mich hineinzukichern. Leider kippt meine Stimmung im Laufe des Tages. Es ist ein langsames Kippen, aber irgendwann kann ich ihm nicht mehr standhalten. T. bittet mich, noch ein wenig zu bleiben. Ich zögere kurz. Ja, ich zögere wirklich. Erinnere mich an die letzten Worte, die gefallen sind und an das Versprechen, das ich mir selbst gegeben habe: Ich habe die Tür geschlossen. Ein Zurück gibt es nicht mehr. Ich brauche Respekt, Wertschätzung, Sicherheit und Stabilität in meinen Beziehungen. Menschen, die mir gut tun. Der Motorradfahrer fliegt schnelle

Von all den Geschichten

Bild
"In irgendeine Nische passen wir schon rein, ist sie zu schmal machen wir uns klein. Irgendeine Ecke findet sich für dich, irgendeine Ecke, wo du glücklich bist." (LOT feat. Alin Coen: Nische) Herrn Müllers Frau brennt durch und räumt ihm die Wohnung aus. Sie leert den Kühlschrank und nimmt sein Auto mit. Frau Fischer holt das Kind ihres Mannes vom Kindergarten ab und verschleppt es nach Tschechien. Seit Wochen ist sie spurlos verschwunden. Mit 12 Jahren wird Frau Müller während eines Praktikums mehrfach sexuell von ihrem Chef und verschiedenen seiner Angestellten missbraucht. Sie wird gerne Autoritäten gegenüber handgreiflich. Herr Arnold hat die sexuellen Übergriffe in seiner Vergangenheit auch nicht verkraftet. Das äußert sich in seinem Verhältnis zu analen Ausscheidungen. Frau Schneider ist hoch verschuldet und kauft sich am Wochenende trotzdem das neueste iPhone. Media Markt ist nur ein weiterer Gläubiger auf einer Liste, die kein Ende nimmt. Und man muss ja au

Vom runden Abschluss

"Ich habe eine Weile überlegt, ob ich das so schreiben darf, denn mir war ja immer klar, dass du liest, was ich schreibe. Und trotzdem habe ich geschrieben und dich offensichtlich ziemlich getroffen. Das war dir gegenüber nicht fair. Ich wollte dich, Muschelmädchen, nicht verurteilen oder beurteilen und es tut mir wirklich leid, dass ich dich verletzt habe." (E-Mail, 23.04.2017) Liebes Muschelmädchen, weißt du, dass du mich heute ein wenig stolz gemacht hast? Wie lange hast du überlegt, die Blumenfrau mit deinen Gefühlen zu konfrontieren? Ein Jahr? Zwei Jahre? Heute hast du es getan. Anstatt das Für und Wider zu zergrübeln, hast du dich hingesetzt und aufgeschrieben, dass es dir wehgetan hat, dich von einem Menschen, der dich nicht kennt, verurteilen zu lassen. Ich finde, dass es dir auf eine sehr nette Art und Weise gelungen ist, ihr mitzuteilen, was du dabei empfunden hast. Du hast ihr keinerlei Vorwürfe gemacht, lediglich Gefühle beschrieben und aufgezeigt, wel

Von Herzen und Augen

"Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll." (Johann Wolfgang von Goethe) "Sie haben ein großes Herz", sagt die Bewerberin und sieht mir direkt in die Augen. Ich werde ganz verlegen. Neben mir sitzen meine Geschäftsleitung und mein oberster Chef. Doch die Bewerberin lächelt mich an und spricht einfach weiter: "Man sieht es an ihren Augen, wissen sie?", sagt sie lächelnd, "Augen verraten sehr, sehr viel über einen Menschen. Sie sind ein guter Mensch. Ich hoffe, sie wissen das." Ich wünschte, sie hätte recht. Stattdessen habe ich das Gefühl, irgendwo in meinem Inneren, ganz leise, etwas Brechen zu hören.

Von Zerrissenheiten

 "Mancher findet sein Herz nicht eher, als bis er seinen Kopf verliert." (Friedrich Nietzsche) Bist du unfair gewesen, Muschelmädchen? Hast du aus Angst angefangen, um dich zu schlagen? Überfordern dich so viele Geschenke, weil du das nicht gewohnt bist?

Von Sex und Körpergrenzen

"Eine schmutzige Phantasie ist ein ewiges Fest." (William Shakespeare) Sanft, dennoch aber bestimmt, drücken seine Hände, die auf meinen Schultern liegen, mich auf den Stuhl. Er geht vor mir in die Knie und grinst ein bisschen, während seine Hände meine nackten Oberschenkel hinauffahren und scheinbar gedankenlos mit dem Saum meines Kleides spielen. "Was machen wir jetzt?", versuche ich, ein wenig verlegen, abzulenken und überlege, mich irgendwie, auffällig unauffällig, aus der Situation hinauszumogeln. "Ich wüsste da schon etwas...", sagt er schmunzelnd und sieht mich an. Seine Hände tauchen unter mein Kleid und drücken meine Beine an den Innenschenkeln auseinander. Viel zu weit. Für einen Augenblick bin ich versucht, die Blöße, die sich ihm bietet, zu verdecken, doch er scheint diesen Gedanken bereits zu erraten, während ich noch dabei bin, ihn zu Ende zu denken, denn er greift nach meinen Händen und drückt sie auf die Armlehne des S

Vom Balzen

"Honigbrummer", sagt er bestimmt, "Verschwende nicht deine Lebenszeit, indem du nicht mit mir ausgehst. Du wirst das bereuen, wenn du mich kennengelernt hast. Und ausgehen wirst du mit mir früher oder später sowieso, denn ich habe einen unendlich langen Atem." Seine tiefe Stimme zaubert mir eine Gänsehaut auf den Rücken. Und ich habe keinen Zweifel an seinen Worten, denn er bleibt seit Wochen an mir dran. Auf eine nette, sympathische Weise. Die Dominanz, die in seinem Auftreten und seiner Stimme mitschwingt, bereitet mir manchmal Angst. Die meiste Zeit jedoch fühle ich mich auf eine ganz merkwürdige Art, die sich kaum beschreiben und mit Gründen schon einmal gar nicht belegen lässt, sicher bei ihm. Ich frage mich allerdings ernsthaft, was er in mir sieht - was wiederrum zur Folge hat, dass ich mich in starrer Regelmäßigkeit frage, ob er sich über mich lustig macht und mich am liebsten unauffindbar verstecken würde. Denn wenn wir ehrlich sind: Ich bin weder besond

Vom nahenden Tod

Er steigt in das Auto hinein. Ich habe das Gefühl, dass er meinen Blick meidet und ich glaube, dass das daran liegt, dass wir beide wissen, dass es das letzte Mal sein wird, dass wir einander sehen. Er stirbt und, so Gott es will, ich werde noch ein wenig bleiben. Werden wir uns wiedersehen? Schon jetzt hat der Krebs seinen Körper zerfressen. Man sieht, dass die Krankheit seine Statur und sein Wesen prägt. Aus dem Bär von einem Mann, der stets einen dunklen Rauschbart und einen mächtigen Bauch vor sich her trug, ist ein hagerer, zierlicher Mann mit Glatze geworden. Das Gesicht eingefallen, ein paar vereinzelte weiße Haare. Die Augen ernst. Als ich ihn drücke, habe ich Angst, ihn zu zerbrechen. Damals hat er mich beschützt. Als ich ein Kind war. Heute habe ich das Gefühl, dass ich ihm etwas geben muss. Liebe. Zuneigung. Wärme. Aber wie viel Liebe kann man einem Menschen in so wenigen Stunden zuteil werden lassen? Was ich ihm geben kann, ist viel zu wenig. Ich fühle mich ihm und se

Vom Untrennbaren

"Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, die sich über die Dinge ziehn. Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen, aber versuchen will ich ihn."   (Rainer Maria Rilke: Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen) Wenn man es genau nimmt, wusste ich, dass sich etwas ändert, als ich meine Großeltern das letzte Mal gesehen habe. In den vergangenen Jahren ist mein Opa in sich zusammengefallen. Die Demenz hat ihn zu einem glücklicheren Menschen gemacht, weil er endlich die Kriegserinnerungen, die Bilder, die sich im Schützengraben in seine Seele hineingebrannt haben, vergessen konnte. Gleichermaßen hat er aber an Selbstbewusstsein verloren. Die Unsicherheit, die in seinem Blick liegt, ist nicht zu übersehen. Denn er spürt, dass etwas mit ihm nicht stimmt. Er hat eine Ahnung davon, dass er Dinge vergisst. Zumindest in seinen klaren Momenten. Anfangs wirkte er manchmal nur leicht verwirrt: Im Supermarkt kaufte er statt Kartoffeln Schokolade, verpasste Arzttermine oder

Von der Konsequenz

"Vor allem wirst Du keine verborgenen oder offnen "Lockstoffe" mehr aussenden, die mich wieder heimlich still und leise zu Dir hin ziehen und mich subtil an Dich binden." (Brief vom 02.04.2017) Ich brauche immer furchtbar lang, um mich einem Menschen gegenüber zu öffnen. Hauptsächlich hat das etwas damit zu tun, dass ich das Gefühl habe, mich keinem Menschen in Gänze zumuten zu dürfen, weil das nicht "aushaltbar" ist. Dieses Gefühl ist nach Ephraims Selbstmordversuch, an dem ich mir die Schuld gab, entstanden. Bis heute ist es tief in mir verankert. Wenn ich Zeilen lese, wie diese dort oben, die mich gestern erreichten, dann findet dieses Gefühl, mich nur nie jemanden in Gänze anzuvertrauen und zumuten zu dürfen, Bestätigung. Dann bereue ich alles, was ich dieser Person jemals von mir preisgegeben habe. Und dann fange ich an, mich selbst zu zerzweifeln, bevor mich das Bedürfnis befällt, mir selbst wehzutun, für das, was ich bin. Das ist schwer